Kostenexplosion auf den Märkten treibt Südtiroler Bauunternehmen vor sich her.
„Die Rohstoffpreise sind so stark gestiegen wie seit 100 Jahren nicht mehr“, beschrieb im Ende März 2022 ernüchternd die wirtschaftsnahe Frankfurter Allgemeine Zeitung der Zustand der Welt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte mehr als zwei Jahre Corona-Pandemie weltumspannend alles Handeln bestimmt. Zu diesem Zeitpunkt zeigte der Krieg in der Ukraine seit fast vier Wochen seine schreckliche Fratze. Menschengemachtes folgte einem Naturereignis. Mehr noch, Corona und Krieg griffen zeitlich hart ineinander über. Was alles noch verheerender machte. Das eine noch nicht bewältigt, da kam schon das Nächste.
Natürlich hatten der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland da bereits längst spürbare Auswirkungen auf den Baustellen auch in Südtirol. Experten warnten sogar davor, dass die verfügbaren Baumaterialien für viele Bauprojekte gar nicht mehr ausreichen könnten. „Das bringt die gesamte Branche unter Druck“, sagt Christoph Ausserhofer aus der Unternehmensleitung des Tauferer Traditionsunternehmens Unionbau. Sein Bruder Thomas Ausserhofer fügt unumwunden an: „Es fehlt inzwischen schon an wichtigem Material wie zum Beispiel den Dämmstoffen“.
Vor allem die laufenden Verträge und die begonnenen Baustellen sind, im weltweiten Trend gesehen, die Sorgenkinder sämtlicher Südtiroler Baufirmen. „Wir standen ja schon durch Corona unter dem Druck der explodierenden Preise. Der Krieg in der Ukraine hat das potenziert“, erklärt Christoph Ausserhofer. Es werde immer schwieriger Bauvorhaben zu kalkulieren, weil die Preise so unberechenbar geworden sind. „Wir reden bei Baumaterialien nicht von Steigerungen um fünfzig Prozent, sondern in Teilen von zweihundert und dreihundert Prozent Teuerung auf den Märkten“, sagt Thomas Ausserhofer. Für laufende Projektverträge bedeutet das unter Umständen ein Abrutschen in die Verlustzone. Der „Worst Case“ für jedes Unternehmen.
„Wir bemühen uns um Erfolg bei den vielen Gesprächen“, erklärt Thomas Ausserhofer, „wir müssen das gut lösen, um der Stabilität willen. Und das geht nur gemeinsam mit den Bauherren und den Projektanten.“ Will meinen, die Kostensteigerungen müssen so abgedämpft werden, dass weder Baustopp noch die Gefährdung des Unternehmens, noch eine großflächige Wirtschaftsbremse in Südtirol zu bedrohlichen Szenarien werden. „Und in Zukunft wird die gesamte Branche noch stärker mit Preisgleitklauseln kalkulieren“, sagt Christoph Ausserhofer.
Die Brüder aus Sand in Taufers, die das Unternehmen inzwischen in vierter Generation so erfolgreich weiterführen, beobachten die Entwicklungen sehr aufmerksam. Mehr denn je kommt es gerade jetzt auf die Weitsicht und die Sensibilität von Unternehmern an. Dessen sind sich beide bewusst. Sie wissen, dass am Ende der langen Kette der Verantwortung sie diejenigen sind, die wie Kitt das große Ganze zusammenhalten.
„Es liegt an uns Emotionen zu wecken“, sagt Christoph Ausserhofer, „in den eigenen Reihen bei unseren Mitarbeitenden, bei den Lieferanten, auf den Baustellen bei unseren Kunden und schließlich in der Öffentlichkeit, die immerhin anschaut, was wir bauen. Das alles birgt neben vielen schönen Momenten auch ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber allen Beteiligten.“ Thomas Ausserhofer nickt und fügt an: „Wir realisieren tolle Projekte mit tollen Menschen. Das soll so bleiben.“ Gerade in solchen Situationen sei es von enormer Bedeutung, „dass ein Unternehmen für sich einen stabilen Handlungsrahmen hat, wenn die weltweiten Märkte nicht mehr stabil und damit vorhersehbar sind. Das heißt, wir müssen Instabilität mit Flexibilität begegnen.“
Es ist kaum zu erwarten, dass sich die Rohstoffmärkte kurzfristig wieder beruhigen. Die Situation scheint ernst. Der hohe Auftragsstand in der Südtiroler Baubranche ist längst kein Freifahrtschein mehr für Sorglosigkeit. Ganz im Gegenteil. „Nur wenn wir jetzt sofort und im Zusammenschluss mit all unseren Partnern das Problem mit den explodierenden Mehraufwendungen auf den Materialmärkten und bei der Energiebeschaffung zu einer einvernehmlichen Lösung bringen, können wir Schlimmeres abwenden“, erklärt Thomas Ausserhofer. Doch die Brüder sind zuversichtlich wie stets: „Die Baubranche ist krisenerprobt.“